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Vereinsgeschichte als Text

Die Entwicklung der Gehörlosenvereine geht fast auf ein Jahrhundert zurück. Mit zu den Ersten gehörte der Kölner Taubstummenverein, welcher am 26.10.1902 in einer Altkölner Kneipe von den Schicksalsgenossen Hermann Hauboldt, Jean Zündorf, Franz Molitor, Leo Mainzer, Wilhelm Feuerpeil, Johann Molitor, Wilhelm Schnitzler, Christian Kreuzer, Heinrich Jülich, Peter Hövel, Heinrich Heuser, Paul Abels, Franz Paffrath, Eduard Schmidt, Hermann Gehlen, Josef Lenker, Theodor Koppels, Christian Bremer und Peter Specht gegründet wurde. Die Vereinsgründung brachte den Gehörlosen neben turnerischer Betätigung in der von der Stadt Köln unentgeldlich zur Verfügung gestellten Turnhalle, fröhliche Gesellschaft, geistige Anregung und gegenseitige kameradschaftliche Unterstützung. Die erste Hauptversammlung am 8. März 1903 wählte Herrn Taubstummenoberlehrer Koep zum Vorsitzenden. Mitarbeiter waren die Kameraden Kreuer, Hauboldt, Molitor und Heuser. Herr Direktor i.R. Weisweiler von der Taubstummenanstalt Köln wurde Ehrenpräsident. Trotz vieler Schwierigkeiten war die Vereinsentwicklung günstig. Es wurden nicht nur mit den Gehörlosen, sondern auch mit den Hörenden freundschaftliche Banden geknüpft und Wettspiele ausgetragen. Bei der Fahnenweihe anlässlich des 5. Stiftungsfestes hielt der Vorsitzende des Verbandes Kölner Turnvereine, Professor Moldenhauer, die Festrede.

Kölner GSV um 1939

 

Der Kölner Verein gab auch die Anregung zur Gründung des Verbandes deutscher Taubstummenturnvereine, aus dem sich der Deutsche Gehörlosen Sportverband entwickelt hat. Von 1915 bis 1925 leitete Hermann Fenske den Verein, welcher oft mit sehr schweren Krisen zu kämpfen hatte. Alle Stürme wurden aber überstanden. Nach kurzer Vereinsführung durch Eduard Schmidt konnte der Verein unter Alex Albrecht sein 25jähriges Bestehen feiern. 1928 wurde im Rahmen des deutschen Turnfestes eine Großveranstaltung der gehörlosen Turner durchgeführt. In den folgenden Jahren wirtschaftlicher Not waren fast alle Mitglieder arbeitslos, doch sie hielten eisern zusammen. Hier sei besonders den Kameraden Fischer, Winterscheid, Arni, Hagen und Voiß gedacht. Jung wie er war, übernahm 1938 Karl Kunze die Vereinsführung und verstand es die Jugend zu begeistern, dass Januar 1939 eine Fußballmannschaft gebildet wurde. Sie machte sich durch ihren Kampfgeist mit erprobten gehörlosen und hörenden Mannschaft bald einen Namen. Als Kamerad Kunze 1939 aus beruflichen Gründen nach Düsseldorf übersiedelte, wurde Josef Nolte sein Nachfolger. Unter seiner Leitung nahm der Verein an vielen sportlichen Veranstaltungen teil und konnte viele Siege erringen.

Der Krieg schlug dem Verein tiefe Wunden. Den Luftangriffen fielen einige der besten Kameraden zum Opfer: Heinrich Fischer, Fritz Arni, Adolf Hagen, Emilie Hagen, Erich Hönen. Zur Erinnerung an den unvergessenen Heinrich Fischer wurde ein Gedächnis-Wanderpokal gestiftet. Dieser ging ebenso wie Vereinsfahne, Vereinsarchiv und vieles mehr im Krieg verloren. Trotz Krieg ging der Sportbetrieb jedoch weiter. Die Fußballmanschaft brachte es 1943 bis zum Endspiel um die Verband-Fußballmeisterschaft, das leider nicht mehr ausgetragen wurde. Ende 1944 wurde der Sportbetrieb dann endgültig eingestellt. Aber schon im Oktober 1945 fanden sich trotz Hunger und Not die Unentwegten wieder zusammen und der Sportbetrieb nahm gleich einen guten Aufschwung. Der Verein  war einer der ersten, der nach dem Krieg 1951 die sportlichen Beziehungen mit dem Ausland wieder aufnahm und mit seiner Mannschaft in Belgien und England antrat.

Deutscher Gehörlosen Meister 1956

Sein 50jähriges Bestehen konnte der Verein im Rahmen des Deutschen Gehörlosen Sportfest 1952 begehen, welches heute noch vielen junggebliebenen Sportlern wegen seiner riesen Beteiligung an Aktiven (die DDR war auch am Start) noch in guter Erinnerung ist. Unter der Leitung von Fußballwart Franz Wessel wurde 1956 die Deutsche Gehörlosen Fußballmeisterschaft in der Besetzung Mertens, Schiffer, Speier, Lothmann, Feine, Nissl, Kliemant, Meis, Hens, Schippmann und Bothmann durch einen 3:2 Erfolg über den GSV München zum ersten Male nach Köln geholt. Der jähe Unfalltod unseres Kameraden Wessel 1961 hinterließ in der Fußballabteilung eine schmerzliche Lücke. Erst 1962 konnte der Verein wieder an die Erfolge anknüpfen und wurde Deutscher-Gehörlosen-Fußball-Pokalmeister. Noch vier Mal stand unsere Mannschaft im Endspiel um die Deutsche Gehörlosen Fußballmeisterschaft und wurde jeweils Vizemeister in den Jahren 1967, 1969, 1973, 1975. Das denkwürdigste Endspiel war wohl 1975 gegen den GSV Braunschweig, welches nach der Verlängerung 1:1 endete. Die Entscheidung musste das Elfmeterschießen bringen, doch der sicher geglaubte Sieg machte der […] .

Nicht nur der Sport allein bestimmt unser Vereinsleben, sondern auch die Pflege der Kameradschaft untereinander. Viele Veranstaltungen ohne sportlichen Charakter – wie Karnevalsfeste, Weihnachtsfeiern, Grillpartys, Wanderungen, Trimm-Dich-Aktionen usw. – haben viel Freude, Entspannung und Begeisterung gebracht. 1973 verstarb unser langjähriger Vorsitzender Josef Nolte nach fast 35jähriger unermüdlicher Arbeit für den Verein. Er war wegen seiner unerschöpflichen Tatkraft überall sehr beliebt und hatte unzählige Sportämter inne. 1946-1956 war er Verbandsjugendwart und Fußballwachwart des Deutschen Gehörlosen Sportverbandes. Seit 1956 Westkreisvertreter des Deutschen Gehörlosen Sportverbandes. Zum 70jährigen Vereinsbestehen 1972 wurde er für seine Verdienste für den Gehörlosensport mit der goldenen Ehrennadel des Deutschen Fußballbundes. Seit 1964 war er Träger der Ehrennadel des Westdeutschen Fußballverbandes, des Westdeutschen Leichtathletikverbandes und des Deutschen Gehörlosen Sportverbandes. Seit 1966 war er Ehrenvorsitzender des Vereins. Zum Gedächnis an unseren verstorbenen Kameraden Josef Nolte wird noch heute der alljährlich ein Wanderpokalturnier ausgetragen. Bisher gewannen diesen Pokal für jeweils ein Jahr der Kölner GSV, GSC Stuttgart und der GSV Braunschweig. In der schwierigen Zeit nach dem Tode unseres langjährigen Vorsitzenden übernahm erstmals eine Frau, Frau Gertrud Stock, als Vorsitzende die Geschicke eines Gehörlosen-Sportvereins. Wir sind stolz, für die Gleichberechtigung einer Frau auch unseren Anteil beigesteuert zu haben.

Deutscher Pokalsieger 1962

Die 75 Jahre des Kölner Gehörlosen Sportvereins sind ein Beweis, dass die Gehörlosen, von echtem Kampfgeist beseelt, imstande sind, Lebensmut und Frohsinn sich Eigen zu machen. Hoffnungsfroh schauen wir in die Zukunft, denn Tradition und Idealismus werden weiterhin unsere stärksten Stützen sein. Unsere Freunde und Gönner mögen uns die Treue bewahren, denn wir dienen einer guten Sache, auch wenn wir kämpfen oder fröhlich sind. (Me./Th.)

 

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